Uns von Veggie Specials liegt sehr am Herzen, dass wir nicht nur durch unsere Lebensmittelrettung zu einem nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln beitragen. Wir möchten ebenso Bewegungen, Initiativen, Vereine, Unternehmen und Privatpersonen supporten, die dazu beitragen, dass diese Welt ein wenig besser wird. Daher stellen wir in diesem Jahr in loser Reihenfolge spannende Projekte vor, die sich besonders dem Thema Nachhaltigkeit widmen. Nach dem Interview mit OPEN SOURCE SEEDS stellen wir nun den Verein SLOW FOOD vor. Gesprochen haben wir mit Lea Leimann.
© Fernando García Vicario
Hallo Lea, stelle dich und das Projekt Slow Food kurz vor. Wofür engagiert ihr euch und warum ist bewusster Konsum und Slow Food überhaupt so wichtig?
Hallo, ich bin Lea und im Vorstand von Slow Food Deutschland. Wir sind ein Verein, der sich für eine zukunftsfähige Ernährungspolitik und -kultur einsetzt. Slow Food ist in über 170 Ländern aktiv.
Mit der „Arche des Guten Geschmacks“ setzen wir uns zum Beispiel weltweit für Biodiversität ein. Unsere Chef Alliance vereint Köch*innen der nachhaltigen Gastronomie. Und die Slow Food Youth hat mit der Schnippeldisko ein Format geschaffen, dass sich als Protesttanz gegen Lebensmittelverschwendung etabliert hat. Das Gemüse, das es meist aus ästhetischen Gründen nicht in den Handel schafft, wird gemeinschaftlich zugeschnippelt, gekocht und gegessen. So überzeugen wir Menschen, über ihre Sinne, den Genuss und das praktische Erleben davon, ihr Essen und diejenigen, die es produziert haben, (wieder) wertzuschätzen. Dadurch werden sie zu einem Teil der Veränderung – hin zu einem zukunftsfähigen Ernährungssystem.
Welche Themen, Kampagnen und Ziele stehen 2021 für die Slow Food-Bewegung im Mittelpunkt? Gibt es eine Aktion die dir besonders am Herzen liegt?
Die Slow Food-Jahresthemen 2021 sind „Fairness“ (oder „Food Justice“) und „Getränke“. Faire Wertschöpfungsketten sind nicht nur bei Produkten aus dem globalen Süden ein Thema. Fairness ist in allen Schritten der Wertschöpfungskette notwendig, global und lokal. Die Zustände in Schlachthöfen und die Bedingungen, unter denen Saisonarbeiter*innen hierzulande arbeiten, gehören von Grund auf verbessert.
Zudem ist Slow Food involviert in die paneuropäische Kampagne #OurFoodOurFuture. Sie zeigt, wie die globalen Herausforderungen wie Klimawandel und Migration mit unserem Ernährungssystem verbunden sind. Die Kampagne ermutigt junge Erwachsene zu nachhaltigen Konsummustern und politischem Engagement für ein zukunftsfähiges Lebensmittelsystem. (https://www.slowfood.de/was-wir-tun/aktionen-und-kampagnen/ourfoodourfuture)
Auch die Bundestageswahl steht natürlich 2021 auf unserer Agenda. Dabei sehen wir es als notwendig, dass eine ganzheitliche, zukunftsfähige Ernährungspolitik administrativ abgesichert wird und die Inhalte der Farm-to–Fork– und der Biodiversitäts-Strategie der EU-Kommission in Deutschland umgesetzt werden.
Veranstaltungen gehören normalerweise (auch) zur Kernarbeit von Slow Food. Wie hat sich eure Arbeit pandemiebedingt verändert?
Wie für viele andere hat sich unsere Arbeit in die digitale Welt verlagert. Aber nicht nur. Da es bei Slow Food um gutes, sauberes und faires Essen, Gemeinschaft und Netzwerke geht, bieten wir seit einiger Zeit Online–Verkostungen an. Die Verkostungsboxen kommen im Vorfeld per Post, und in einer moderierten Online-Veranstaltung mit Produzent*innen und weiteren Expert*innen werden Weine, Schokoladen, Hülsenfrüchte, Arche-Produkte und vieles mehr probiert und ein Austausch darüber ermöglicht. (Mehr dazu hier: https://www.slowfood.de/termine/termine-terra-madre-salone-del-gusto)
Lokale Gruppen von Slow Food und Slow Food Youth treffen sich online zum gemeinsamen Kochen und unterstützen die lokalen Produzierenden und Gastronom*innen mit Taste@home-Boxen. Viele Slow Food-Youthies nehmen auch an Online-Kampagnen teil wie zum Beispiel der internationalen „On my plate“-Challenge. Bei #slowfoodonmyplate geht es um Informationen und Aktionen zu good, clean, fair food: https://onmyplate.slowfood.com/
Wenn du einen Wunsch frei hättest und eine politische Forderung zum Thema sofort in die Realität umsetzen könntest. Welche wäre das?
Das Subventionssystem der Gemeinsamen Agrarpolitik so umzuschreiben, dass damit die Farm-to–Fork-Strategie der EU umgesetzt und nicht außer Kraft gesetzt wird.
Wie kann man selbst aktiv werden und die Slow Food-Bewegung unterstützen?
Nehmt gerne an unseren Veranstaltungen teil (https://www.slowfood.de/termine/termine_ueberregional). Schaut hier nach einer Gruppe bei euch vor Ort und lernt uns kennen (https://www.slowfood.de/slow_food_vor_ort oder https://www.slowfood.de/wirueberuns/slowfoodyouth/wo_wir_sind).
Slow Food Youth veranstaltet auch Online-Treffen, um deutschlandweit gut vernetzt zu sein. Um über Aktivitäten von Slow Food Youth informiert zu bleiben, könnt ihr den Newsletter abonnieren, schreibt dafür eine Email an youth@slowfood.de oder folgt uns auf Instagram (https://www.instagram.com/slowfoodyouthdeutschland/).
Merkt euch für 2022 die Slow Food Youth-Akademie vor, wenn ihr euer Ernährungswissen vertiefen wollt. (Leider ist die Bewerbungsphase für 2021 gerade vorbei.) (https://www.slowfood.de/was-wir-tun/bildung/slow_food_youth_akademie)
Hängt euch ein Calendarium Culinarium (den Saisonkalender von Slow Food Youth) an die Wand und unterstützt so die Bewegung (https://calendariumculinarium.de/)
Esst lokal, unterstützt Landwirt*innen aus der Region, kleine Lebensmittelproduzent*innen und gute Gastronomie (https://www.slowfood.de/einkaufen) und/oder kocht euer Essen selbst.
Werdet Mitglied (https://www.slowfood.de/mitgliedwerden)!
Zuletzt freuen wir uns über Lese-, Doku – und Podcasts Tipps für alle, die sich weitergehend mit dem Thema auseinandersetzen möchten.
Slow Food Youth informiert in einem Audiofeature über die korrupte, ausbeuterische Wertschöpfungskette italienischer Tomaten (https://www.slowfood.de/aktuelles/2021/audio-feature-der-slow-food-youth-rot-wie-blut-der-bittere-beigeschmack-italienischer-tomaten).
Stöbert gerne auch auf unsere Homepage. In der Rubrik „Themen“ findet ihr unsere Positionen zu vielen aktuellen Themen wie biokulturelle Vielfalt, Ernährungssouveränität und Klimawandel & Ernährung: https://www.slowfood.de/slow_themen
Hört und seht euch an was das #WHES21 – Bündnis von Jugendorganisationen zu einer zukunftsfähigen EU-Agrarreform zu sagen hat (https://www.youtube.com/watch?v=32cQBwqhhOU).
Haben wir ein wichtiges Thema vergessen, welches du unbedingt ansprechen möchtest?
Es ist so weit: Die Ausschreibung für unseren Ursula Hudson Preis ist bis zum 15. April 2021 öffentlich. Im Juni wird er erstmalig vergeben. Ausgeschrieben ist der Preis für Einzelpersonen, Initiativen oder Gruppierungen, die im Ernährungsbereich bzw. der Ernährungspolitik und -bildung aktiv sind und durch ihr Wirken andere zum Nachahmen motivieren. Die Preisverleihung findet am 14. Juni 2021 in Berlin statt. (https://www.slowfood.de/ursula-hudson/ursula-hudson-preis)
Lieben Dank für das Interview!
Gerne!
Ein Interview von Sarah Kaufmann.